Neue Kreideaufschlüsse an der OPAL-Erdgastrasse im Bereich Niederschöna an der B 173

Timo Göhler, Freiberg


Ein wenig frischen Wind sollte die Erdgastrasse in den Pool der oft "angestaubten" Kreideaufschlüsse bringen. Zwar kann ich mich nicht beklagen, brachten doch vor allem die 1990er Jahre eine regelrechte Aufschlussschwemme in das Untersuchungsgebiet. Es muss gleich von vorn herein gesagt werden, dass die typischen fossilführenden Kreidesandsteine von der Trasse leider unberührt bleiben. Im Gegensatz zur marinen, rein sandigen Ausbildung besteht ein großer Mangel an Aufschlüssen in der sandig-tonigen bis tonig-schluffigen Fazies, da diese Gesteine kaum für Bauzwecke nutzbar sind. Außerdem vermischen sich diese tonigen Sedimente stark mit Gehängelehm und sind an der Erdoberfläche nur selten in Lesesteinen nachzuweisen. Hier ist man auf Bauaufschlüsse angewiesen. Nachteilig ist jedoch, dass bei derart kurzlebigen Aufschlüssen außerordentlich hoher Zeitdruck besteht.


 Abb. 1: Das Rohrlager an der Milchviehanlage südlich Niederschöna / B173. Foto: Timo Göhler (27.09.2009).


Abb. 2: Transporttechnik am Rohrlager nördlich der Milchviehanlage im Gewerbegebiet Niederschöna / B173. Foto: Christine Zimmermann, Niederschöna (01.11.2009).


Abb. 3: Von der Milchviehanlage nach Niederschöna im Norden. Die drei Bagger markieren das Ende des Planievortriebes an diesem Tag. In der Buschgruppe links befindet sich das Fliegerdenkmal. Foto: Timo Göhler (27.09.2009).


Abb. 4: Aufgeschlossene Gerölle des Niederschönaer Flusses (vor etwa 96 Millionen Jahren) vermischt mit Gehängelehm  unter der abgetragenen Ackerkrume. Foto: Timo Göhler (27.09.2009).


Abb. 5: Äußerliche Rotfärbung eines Quarzitgerölls auf Grund enger Lagerungsbeziehung zum rotverwitterten Untergrund (Rotlehm) und einer früheren in-situ-Lage des Gerölles im fluvial verschwemmten Rotlehm. Im Bereich des früheren Flussbettes bei Naundorf und Niederschöna lagern in den Grundschottern der Niederschöna-Formation auffällig viele Großgerölle. Es finden sich sogar Gerölle bis 1 m Durchmesser, deren Alter und Herkunft allerdings fraglich ist. Selbige liegen z.B. am Waldrand nördlich Naundorf im Bereich von Lesesteinhaufen oder in Niederschöna selbst. Hier können auch Geschiebe der Elster-1-Inlandvereisung vorliegen. Foto: Timo Göhler (27.09.2009).


Abb. 6: Ein weiteres ausgebrabenes Quarzgeröll nahe des Fliegerdenkmals. Foto: Timo Göhler (27.09.2009).


Abb. 7: Feierabend. Planieende am Fliegerdenkmal. Die Dicke des abgetragenen Mutterbodens schwankt stark und ist hier 0,7 m mächtig. Weichselkaltzeitliche Fließlehme sind mit Rotverwitterungsböden und Flussschottern vermischt. Foto: Timo Göhler (27.09.2009).


Abb. 8: Das Spektrum der Gerölle auf dem Acker neben den Baggern ist auffällig anders ausgebildet. Im Gegensatz zum monotoneren Geröllinventar der cenomanen Grundschotter, herrscht hier eine viel buntere Zusammensetzung vor. Auffallend sind Scherben verschiedenfarbiger paläozoischer Tonschiefer und Phyllit, die 8-10 km nördlich anstehen. Sogar gut gerundete Gerölle aus Kreidesandstein und sehr seltene Feuersteingeschiebe zeigen deutlich eine Vermischung von Grundschottern mit pleistozänem Elster-1-Geschiebeschutt und Schmelzwasserschotter. Dieses Bild ist zwischen Freiberg und dem Tharandter Wald weit verbreitet. Foto: Timo Göhler (27.09.2009).


Abb. 9: Trassenfortschritt am 27.09.2009. An diesem Tag endet die Bodenabtragung am Fliegerdenkmal Niederschöna. Foto: Timo Göhler (27.09.2009).

An der Erläuterungstafel am Zaun ist zu lesen: "Dieses Denkmal wurde 1913 errichtet, zum Gedenken an die Piloten Ernst Johannes Berger (29 Jahre) aus Dresden und Kurt Max Georg Junghanns (36 Jahre) aus Gleisberg bei Roßwein. Beide waren am 21. September 1912 mit einem Albatros-Farman-Doppeldecker (Baujahr 1911) auf einem Flug unterwegs, der von Chemnitz nach Berlin führen sollte. Bei aufkommendem Schlechtwetter verlor der Pilot die Kontrolle über das Flugzeug, welches an dieser Stelle unweit der "Schumann-Linde" abstürzte. Beide Flieger fanden dabei den Tod. Der Gedanke zur Schaffung dieses Denkmals ging von den Offizieren des Kronprinzen-Regiments zu Chemnitz aus, in welchem der Pilot als Oberleutnant gedient hatte."


 

Abb. 10: Gebogene Gasrohre südwestlich Haida auf fluvialen Grundschottern unweit des Rodelandbaches. Blick nach Norden. Am Horizont erscheinen die Häuser von Haida. Foto: Timo Göhler (15.11.2009).


Abb. 11: Eisenreicher fluvialer Sandstein. Er besteht aus Partikeln des aufgearbeiteten Rotverwitterungsbodens und stellt hier die Basisschicht dar. Neben Quarzkörnern finden sich reichlich violettroter Gneisgrus und Glimmer (vorwiegend Muskovit). In der Regel sind stark Fe-haltige Sandsteine sehr fest und dicht und bilden zum Rand hin merklich schwächere Höfe aus, wie beispielsweise Raseneisenerze und durch Eisenlösung (z.B. verwitterten Glaukonit) verfestigte Sandsteine. Diese in Abb. 11 sind jedoch mehr oder weniger lockersandig geblieben und zeigen deutlich eine primäre Entstehung. Foto: Timo Göhler (15.11.2009).


Abb.12: Von großem Interesse wird diese Schichtenfolge sein. Es handelt sich um einen Komplex feingeschichteter bis mehr oder weniger massiger rotbrauner Ton- bis Schluffsteine (früher auch als Schiefertone bezeichnet), der wahrscheinlich mit Konglomeraten und Sandsteinen wechsellagert. Er folgt unmittelbar über den eisenreichen rotbraunen Sandsteinen in Abb. 11. Nach vorläufigen Kartierergebnissen kann dieser Horizont bis 10 m Mächtigkeit einnehmen. Zum Teil ist er als sandiger Tonstein ausgebildet. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es sich hierbei um den Bereich der Liegendschicht in Erkundungsbohrung 4/95 handelt (1,50 m rote sandige Schluffsteine, nicht durchteuft). Aus Mangel an Fossilien und der fehlenden Durchteufung, die möglicherweise entgültige Ergebnisse gebracht hätte, wird dieser in 4/95 vorläufig als Buntsandstein oder Rotliegendes angesprochen.  Foto: Timo Göhler (15.11.2009).


 Abb. 13: Flächenhaft aufgeschlossene Flusskiese und Grobsande über dem Hauptabschnitt der rotbraunen Tonsteine. Im Hangenden dieser Konglomerate und Sandsteine folgen erneut rotbraune Tonsteine, jedoch in untergeordnetem Maße. Foto: Timo Göhler (15.11.2009).


Abb. 14: Rohre auf fluvialen Grundschottern westlich Haida. Blick nach Süden in das Rodelandbachtal zwischen Niederschöna und Oberschaar. Foto: Timo Göhler (07.11.2009).


Abb. 15: Trassenabschnitt Haida nördlich Niederschöna / B173 an der Stelle von Abb. 14 um 180° geschwenkt mit Blick nach Norden. Aufgeschlossen werden im unteren Bereich Grundschotter mit den in Abb. 12 genannten rotbraunen Tonsteinen  und fluviale Sandsteine der Niederschöna-Formation. Marine Kreideablagerungen folgen im oberen Bildabschnitt (Sandsteine der Oberhäslich-Formation). Foto: Timo Göhler (07.11.2009).


                        


Abb. 16: Glaukonithaltige Sandsteine verwittern braun. Hier erkennt man den hohen Eisengehalt. Bekannt sind braune Fe-reiche Pennricher Sandsteine. Staunässebeeinflusste Tonsandsteine bilden an tonreichen Schichthorizonten schwarze Eisen-Mangan-Krusten aus. Dieser durch die Trassenplanie aufgeschlossene grüngelbe Tonsandstein gehört der Mobschatz-Formation an. Foto: Timo Göhler (15.11.2009).


Abb. 17: Fossilarme grüngelbe feinkörnige glaukonitreiche Tonsandsteine bis Tonsande der Mobschatz-Formation. Foto: Timo Göhler (15.11.2009).



Zusammenfassung

Für Fossiliensammler wird der Bereich Niederschöna - Haida möglicherweise uninteressant werden. Die Niederschöna-Formation führt hier kaum brauchbare Pflanzenreste. Holzhäcksel in den Grundschottern bilden eine Ausnahme. Ob die rotbraunen Tonsteine ausreichend Blattabdrücke enthalten ist fraglich. Die Trasse führt durch marine glaukonitreiche Tonsandsteine der Mobschatz-Formation, die jedoch arm an Versteinerungen sind. Die fossilreichen Pennricher Sandsteine (Dölzschen-Formation) werden auf der Höhe gering angeschnitten. Im Nordabschnitt von Haida werden ebenfalls Reste der fossilarmen tonig - schluffigen Mobschatz-Formation aufgeschlossen, obwohl hier Grund zur Annahme besteht, dass die Mobschatz-Formation im Profil wahrscheinlich in nur geringer Mächtigkeit angeschnitten wird. Hier findet sich im Lößlehm reichlich frischer Gneisbruch des präketazischen Untergrundes und selten etwas festere Stücke von grauen feinkörnigen Tonsandsteinen. Die Erstbeschreibung der Mobschatz-Formation erfolgte durch Karl-Armin Tröger (2003). Für einen derart spektakulären Superaufschluss fallen die Erwartungen, was die Kreideablagerungen betrifft, doch etwas dürftig aus. Lithologisch wird es jedoch interessanter, denn der Faziesübergang von Oberhäslich- zu Mobschatz-Formation ist nur selten detailliert zu beobachten.

 

Literatur

PÄLCHEN, W., WALTER, H. / Hrsg. (2008): Geologie von Sachsen. – E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele & Obermiller), Stuttgart, 1-537.

PRESCHER, H. (1957): Die Niederschönaer Schichten der Sächsischen Kreide. - Freiberger Forschungshefte C34 (1957). 1-88.

TRÖGER, K.-A. (2003): Fazielle Differenzierungen des marinen Ober-Cenoman im Tharandter Wald zwischen Freiberg und Dresden sowie ihre Ursachen. - Göttinger Arb. Geol. Paläont., Sb. 5: 95-101, Göttingen 2003


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